Solidarische Schanze

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Es war Schanzenfest – und alle waren da. Auch das Solidarische Gemüse – das Urbane-Garten-Netzwerk – hat mit einem gemeinsamen Stand dazu beigetragen, dass beim diesjährigen „Refugee Welcome Schanzen Fest“ nicht nur die Menschen, sondern auch die sozialen und politischen Inhalte auf die Straße kamen. Neben Infos zu unseren Garten-Projekten und Klönschnack sorgten die beiden mobilen Küchenräder für eine gelungene Einheit von solidarischer Gemüsegarten Theorie und köstlicher Speisepraxis. Es gab lecker Futter gegen Spende. Wir freuen uns, dass diese Spenden einen ordentlichen Betrag ergaben, der an die Lampedusa-Gruppe geht. Zu selbsterwirtschaftetem Gemüse – die Inka-Gurke war die besondere Spezialität des Tages – geretteter Tomatenvielfalt und weißer Roter Beete wurde ausserdem das Manifest „Die Stadt ist unser Garten“ gelesen und diskutiert oder einfach die üppige Sonne genossen. Ein solches Schanzenfest wünschen wir uns jedes Jahr – gerne mit noch mehr Inhalt und klugen Gesprächen.  

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OZ IST TOT

 

Vor kurzer Zeit bemalte Josef einen unserer Gemüse-Kästen und schenkte mir eines seiner Bücher. Gestern traf ich ihn auf der Fußgänger-Brücke nahe der Keimzelle und wir guckten auf die Gleise der U-Bahn Station Feldstraße.
Josef hatte sein Fahrrad dabei, auf dem Gepäckträger eine leere Dose und eine Plastikflasche. Er nahm Dose und Flasche und warf sie demonstrativ auf das Metall-Gitter oberhalb der U-Bahnschienen. Ich fragte ihn, was die Aktion zu bedeuten habe, schließlich stehe knapp hinter ihm ein Mülleimer. Er antwortete mir, dass die Angestellten des HVV den Müll wegmachen müssten, es wäre schließlich ihr Job.

„Wenn sie bunte Bilder überstreichen, dann können sie auch den Müll wegmachen.“
Josef und ich standen schon oft auf der Brücke und jedesmal regte er sich über die
graue Wand an der linken Seite auf. „Da muss wieder was hingeschrieben werden. Mit Teleskopstock und Farbrolle oder mit Farbe gefülltem Feuerlöscher. Die HVV-Nazis streichen die bunten Bilder doch nur weg, um uns zu provozieren. Dabei waren die beiden gemalten Gesichter so schön.“ Er guckte mich ernst an. „Was für ein Mensch muss man sein, wenn man sowas macht, alles grau haben möchte? Das ist ein Grau wie im dritten Reich.“ Das Überstreichen der beiden letzten Graffiti-Bilder an der linken Wand war eine
erneute Bestätigung für Josef, der alle Angestellten des HVV ohne Ausnahme als
Sauber-Nazis bezeichnete. Während er sein Fahrrad neben mir schob und wir uns auf
die Keimzelle zubewegten, erzählte er mir von einem früheren Erlebnis. Er wurde auf
frischer Tat an den Gleisen von Mitarbeitern des HVV erwischt und bekam von einem Sicherheitsmann stolz zu hören, dass dessen Oma die Aufsicht in einem Konzentrationslager gehabt hätte. „So Menschen wie dich hätten wir damals vergast.“
Vielleicht war das mit einer der Gründe warum er, selbst während wir uns
unterhielten, ständig freie Flächen anvisierte und mit schwarzen Kringeln bemalte.
Er konnte gar nicht anders und es schien mir, als wenn das Bemalen von grauen
Flächen für ihn eine Pflicht, eine Tätigkeit war, die gemacht werden musste.

Gestern Abend gingen wir an der Karo-Ecke auseinander, Josef hatte noch was vor.
„Man darf nicht aufgeben. Abwarten und Tee trinken.“ sagte er,  gab mir die Hand,
stieg aufs Fahrrad und fuhr davon.

Es ist bitter, dass er gestorben ist.  Für mich war er mehr Aktivist denn „Graffiti-Künstler.“ Ich respektiere zutiefst seinen Kampf gegen die zunehmende Konformität und Glattheit in dieser Stadt. Seine Bilder gehören für mich nicht in Galerien oder hippe Wohnzimmer, sie gehören auf die Straße.

R.I.P. OZ
Ruhe in Frieden, Josef.

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„Hier ist ja noch gar nicht alles zubetoniert…“

… stellte eine späte Gästin nach Sonnenuntergang am Tag des Endes der Utopie fest. Ein anderer bemerkte: „Ihr macht doch nicht wirklich alles platt!?“

Zu schön war dieser letzte Spätsommertag in der Keimzelle. Zu wunderbar war das Konzert, zu lecker das Essen, zu wonnig der Abend bis spät in die Dunkelheit. Die Lob-und-Untergangs-Gesänge ernst und inspirierend. Der Auftritt des Minibaggers beeindruckend. Das Keimzellen-Banner wurde eingeholt. Doch konnten am Tag des Endes die Konsequenzen noch nicht wirken, die es hat, wenn eine Utopie als Zeichen der Negation realpolitischer Prozesse rückgebaut wird.

Jedoch – man sollte sich nicht täuschen lassen – der Rückbau in Raten nimmt seinen Lauf. Wie immer Donnerstags ab 17 Uhr und Sonntags ab 16 Uhr.

Viele werden sich also weiterhin fragen: Wie gehts weiter an der Ölmühle? (K)ein Garten? Wie, Wer und Warum?     (übrigens: für die Galerieansicht auf die Bilder klicken)

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Presse zum Ende der Utopie

Die taz Nord kündigte mit einem Interview unter dem Titel „Potenzial nicht genutzt“ das Ende der Utopie an. Das NDR Journal ließ die Keimzelle zu Wort kommen und zeigte neben einem enttäuschten Herrn Yilmaz in unfertigen Moscheeräumen die „Eröffnung der Rindermarkthalle„. Auch ein Online-Text-Beitrag des NDR war unter dem Titel „Ein neuer Anlauf für die Rindermarkthalle“ zu finden. Dort wurde die „Nahversorgung“ in Anführungsstriche gesetzt und es durfte Verwaltungschef Bezirksamt Mitte Andy Grote schon mal mit der Musikhall drohen, die auf jeden Fall kommen werde. Einen „Schlemmertempel“ nannte HH1 das neue Einkaufszentrum, sprach auch mit der Keimzelle und fragte sich am Ende des Beitrags, warum wohl drei Wachdienste die tolle Halle bewachen müssen. „Keimzelle weicht Rindermarkthalle“ titelt schließlich der St. Pauli Blog mit einem hübschen Baggerbild am zerstörten Hochbeet  der Keimzelle.

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Save the Date: Das Ende der Utopie kommt!

Liebe Freundinnen, Wegbegleiter, Aktivistinnen und Sympathisanten. Der Tag der Wahrheit kommt: Anlässlich der Eröffnung der Alten-Rindermarkthallen-Supermärkte stellt sich die Keimzelle die Frage: Was machen wir hier eigentlich? Die Keimzelle im Karoviertel wollte zu einem Planungsgarten für die Alte Rindermarkthalle werden. Sie sollte Kunst im öffentlichen Raum sein und den Anwohnerwillen in Kürbisform manifestieren. War alles umsonst?

Das Ende der Utopie
Donnerstag 18. September 2014
In der Keimzelle im Karoviertel
16:50 Uhr (Kein Einlass nach Beginn)

Wir bieten bis zum Sonnenuntergang:
Szenen eines Untergangs in Theorie und Praxis

mit:
dem berühmten Unser-Areal-Kaufhaus-Jingle – 10-Minuten-Lob-und-Untergangs-Gesängen von Anke Haarmann (Ein Werk am Ende), Anna-Lena Wenzel (Interventionen), Simon Pfeifer (Trockenbohrungen), Gesa Ziemer (Öffentlichkeit und Teilhabe), Harald Lemke (Nekrolog auf den Utopismus), Klas Rühling (lecture performance)  – Frau Kraushaar tritt auf – Keimzelle goes under, Erscheinen eines Minibaggers und Leichenschmaus bis zum Sonnenuntergang 19:29 Uhr

Warm anziehen – umsonst und draußen

Hashtags: #Utopie, #Kürbisform, #Ziemer, #Wenzel, #Kraushaar, #Keimzelle goes under, #Planungsgarten, #Rindermarkthalle, #Kunst, #Minibagger, #Ende

Sein oder Nicht-Sein? – Wolkenkuckucksheim!

Sein oder Nicht-Sein? – Wolkenkuckucksheim!

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Kooperative Tomatensuppe

Waschen Schneiden Kochen

Waschen Schneiden Kochen

Am Samstag den 23. August hat die Marktstraße rauf und runter Jubiläum gefeiert. 20 jähriges Ladenjubiläum beim Alpenglühen oder 11 Jahre seit dem Richtfest beim Markthof-Wohnprojekt oder 3 einhalb Jahr Keimzelle eben. Grund genug, was zu machen. Zum Beispiel eine Tomatensuppe zusammen mit dem Hof vorm Deich. Der Hof vorm Deich rettet Tomaten. Mit über 100 Sorten sind sie offenbar ganz erfolgreich dabei. Also haben wir rote und gelbe und gescheckte, dicke und dünne, kleine und große, weiche und feste, ovale, runde und knubbelige Tomaten geschnitten. Zwischendurch hat es mal wieder heftig gewittert und alles wurde nass. Die Suppe war super lecker!

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Stadtgrün wächst von unten

Das ist doch lustig! Da arbeiten die Gemeinschaftsgärten in Hamburg seit Jahren an neuen Konzepten für städtisches Grün und gestalten gemeinsam, experimentell und selbstbestimmt urbanen Raum – da tauschen sich urban gardening Projekte in Netzwerken wie dem „Solidarischen Gemüse“ aus, sitzen an runden Behördentischen um Staatsräte zu beraten, entwickeln Modelle für eine essbare und soziale Stadt … 

… und dann wird eine „Stadtwerkstatt“ zu diesem Thema veranstaltet und nichts von alledem wird einbezogen. „Stadtgrün für alle – Hamburg gemeinsam gestalten und erhalten“ steht da. Aber das Programmheft der Veranstaltung kündigt zu bürgerschaftlichem Engagement und kooperativer Planung bei der Gestaltung von Grün- und Freiräumen nur zwei Referenten aus Berlin an. 

Man könnte sich über so viel Expertise seitens dieser „Stadtwerkstatt“ wundern, die an den örtlichen Experten vorbei, die Sachkenntnis in der Ferne sucht. Sind die lokalen Akteure zu erfahren und geriete die behördliche Planungshoheit in Gefahr, wenn man sie einbezöge? Was mag wohl das politische Ziel einer solchen „Stadtwerkstatt“ sein, die eine „Plattform für Bürgerbeteiligung bei Hamburger Planungsprojekten“ sein will?

Nun ja, was soll’s – wie wir Garten-Gestalter und Natur-Erhalter wissen, wächst Stadtgrün für alle, falls es wächst, von unten!

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Und wieder grüßt das Soli-Gemüse …

Es trafen sich auf dem Gartendeck urbane Zart- und Feingemüse und verspeisten wieder Rohes, Gerührtes, Gebackenes und Gekochtes. Kein Netzwerktreffen ohne Köstlichkeiten wie bunte Kleinstkartoffeln oder Rote-Beete-Nuss-Soße.

Um Inhalte ging es dann bei der Planung eines Refugee-Welcome-Garden-Info-Stands (vorläufiger Arbeitstitel), an dem sich alle sechs anwesenden Gärten beteiligen wollen.

Ausserdem wird das Soli-Gemüse mit zwei Gartenaktivistinnen auf dem überregionalen Urban Gardening Sommercamp vertreten sein, das vom 22-24. August in Nürnberg stattfindet.

Geplaudert wurde auch über ungelegte Eier unter dem Motto: „Wir wollten Zukunft werden und sind schon museumsreif!“ und über Entwicklungshilfestrategien für die Kooperation mit Behörden, Politik und Verwaltung.

Ansonsten Termine Termine Termine: am Samstag den 23. August kocht die Keimzelle mit dem Hof vorm Deich wilde Tomaten zu einer Suppe, weil an diesem Tag irgendwie viele in der Marktstraße nette Dinge im öffentlichen Raum tun. Am Sonntag den 24. August können alle im Interkulturellen Garten Wilhelmsburg ab 15 Uhr kulturübergreifend tanzen. Für Donnerstag den 18. September kann mensch sich schon mal das „Ende der Utopie“ in der Keimzelle vormerken. Und am Mittwoch den 24. September findet das nächste Soli-Gemüse-Vernetzungstreffen statt.

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Kurz war das Fernsehen da

Heute war dann mal auf die Schnelle der NDR fürs Hamburg Journal zugegen – warum? Weil die Grünen mehr Flächen für Gemeinschaftsgärten fordern. Und bei der Frage, was die Verwaltung da so tun könne, lag es nahe, auch das Wasserthema anzusprechen – wir haben schließlich nach der Hitzewelle nun Wind, das hat so richtig schöne Wüstenböden zur Folge …

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Soli-Gemüse hat sich getroffen und …

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… es gab im Netzwerk der Stadtgärten so viel zu berichten, dass gleich ein nächster Termin am 13. August auf dem Gartendeck vereinbart werden musste.

Bei Brot und Dipp, Rote-Beete-Salat und Zucchini-Auberginen-Antipasti, Tomatensuppe und gebratenen Krautblättern saßen Vertreter_innen vom Interkulturellen Garten Billstedt, Gartendeck St. Pauli, der Keimzelle und dem Waldgarten aus dem Karoviertel, Hof vorm Deich von Vierlande und dem Interkulturellen Garten in Wilhelmsburg bis in die Dunkelheit bei Kebab in Altona zusammen.

Und das war zu hören: Einige Projekte expandieren, obwohl man ihnen mit der Aufkündigung der Duldung droht. Andere wachsen, weil so viele Bürger unterschiedlicher kultureller Hintergründe gärtnern wollen. Wieder andere wollen öffentlich den Sinn ihres Daseins überdenken. Im Süden Hamburgs soll mit Flüchtlingen gegärtnert werden und es wird kulturübergreifend getanzt. Diskutiert haben alle das Verhältnis von Einzelparzellennachfrage und Gemeinschaftsflächenengagement sowie die Frage, wie Artenvielfalt durch Tomatenretter gesichert werden kann. Von der solidarischen Raumnahme wurde berichtet, denn manche Gärten müssen für ihren Verbleib kämpfen, weil dort, wo sie sind, gebaut werden soll. Andere wiederum müssen sich Gedanken über den Verbleib der Mengen an köstlichem Humus machen, den sie durch Bodenpflege produzieren. Unglaublich produktiv diese Gärten. Sie produzieren solidarische Gemeinschaften, Tomaten aller Art, Humus und Gesprächskultur.

Beim nächsten Mal wird es um gemeinsame Aktionen gehen, wie einem Stand auf dem Schanzenfest, oder um die Nachbereitung des Runden BSU Tisches. Auch auf der Tagesordnung stehen dann Kompost-Wiki und das überregionale Gartentreffen in Nürnberg.

Übrigens: Am 24. August ab 16 Uhr kann wieder kulturübergreifend getanzt werden im Interkulturellen Garten Wilhelmsburg.

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